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Was ist ein Bußgeldverfahren und wann wird es eingeleitet?
Das deutsche Verkehrsrecht unterscheidet zwischen Ordnungswidrigkeiten und Straftaten. Ordnungswidrigkeiten gelten als sog. nicht erhebliche Gesetzesverstöße, weshalb sie nicht strafrechtlich verfolgt, sondern lediglich mit einem Bußgeld belegt werden. Begeht ein Bürger eine Ordnungswidrigkeit, kann also ein Bußgeldverfahren eingeleitet werden. Der Bußgeldbescheid ergeht meist an den Fahrzeughalter.
Hier einige Beispiele für Verkehrsordnungswidrigkeiten:
– Geschwindigkeitsüberschreitung
– Parken oder Halten im Park-/Halteverbot
– Rotlichtverstoß
– Telefonieren am Steuer
– Mängel am Fahrzeug
– Fahren unter Einfluss von Alkohol oder Drogen
– Fahren in einer Umweltzone ohne ausreichende Umweltplakette
Wie läuft ein Bußgeldverfahren ab?
Das Bußgeldverfahren wird in die Abschnitte Vorverfahren, Zwischenverfahren und Hauptverfahren eingeteilt.
Im Rahmen des Vorverfahrens wird die Ordnungswidrigkeit ermittelt, der Betroffene erhält einen Brief, in welchem ihm der Vorwurf eröffnet wird, gleichzeitig erhält er in Form eines Anhörungsbogens Gelegenheit zur Stellungnahme. Eine solche ist allerdings freiwillig und der Betroffene hat vor Zurücksendung des Anhörungsbogens Zeit, sich mit einem Anwalt zu beraten. Je nach Schwere des Vorwurfs ist dies bereits in diesem Verfahrensstadium empfehlenswert. In dem Vorverfahren wird also zunächst geprüft, ob die Ordnungswidrigkeit tatsächlich vom Betroffenen begangen wurde. Stellt sich heraus, dass der Vorwurf unbegründet ist, wird das Verfahren eingestellt. Möglich ist auch, dass lediglich eine Verwarnung – mit oder ohne Verwarnungsgeld – ausgesprochen wird. Kommt weder eine Einstellung noch eine Verwarnung in Betracht, wird ein Bußgeldbescheid erlassen. Der Betroffene kann nun entscheiden, ob er den Bescheid akzeptiert oder innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung Einspruch einlegt. Wird der Einspruch akzeptiert, endet das Verfahren hier. Der Betroffene hat das festgesetzte Bußgeld zu bezahlen. Legt der Betroffene gegen den Bußgeldbescheid Einspruch ein, führt dies zum Zwischenverfahren.
Im Zwischenverfahren prüft die Bußgeldbehörde, ob der Einspruch fristgerecht eingegangen und zulässig ist. Soweit dies der Fall ist, prüft sie ferner, ob der Bescheid aufgehoben wird. Bleibt sie bei ihrem bisherigen Bußgeldbescheid, wird die Akte an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Kommt diese ebenfalls zu dem Schluss, dass der Bescheid nicht aufgehoben wird, leitet sie die Akte an das Amtsgericht weiter. Das Gericht prüft sodann erneut, die Zulässigkeit des Einspruchs und ihre eigene Zuständigkeit. Ist alles ordnungsgemäß, wird das Hauptverfahren eröffnet.
Im Hauptverfahren wird die Ordnungswidrigkeit dann verhandelt. Es können Zeugen, Gutachter und Sachverständige gehört werden. Ebenso hat der Betroffene hier erneut die Möglichkeit, sich zu dem Vorfall zu äußern. Alternativ kann er über seinen Anwalt eine Erklärung abgeben oder schweigen. Je nach Sachlage kann das Verfahren eingestellt werden oder ein Urteil ergehen. Dieses klärt, ob der Bußgeldbescheid rechtmäßig ist. Ergeht ein Urteil, hat der Betroffene die Möglichkeit, hiergegen innerhalb eines Monats nach Zustellung Rechtsbeschwerde einzulegen.
(Wann) sollte ein Rechtsanwalt herbeigezogen werden und was kann dieser für mich tun?
Soweit der Betroffene nicht schon am Tatort zum Tathergang vernommen wird, beginnt das Bußgeldverfahren für diesen mit Erhalt des Anhörungsbogens, in welchem ihm der Vorwurf erstmals unterbreitet wird. Bereits zu diesem Zeitpunkt sollte bestenfalls ein Rechtsanwalt eingeschaltet werden. Häufig ist eine eigene vermeintlich entlastende Einlassung schädlich und meist nicht mehr revidierbar. Ebenfalls sollte der Anhörungsbogen nicht einfach ignoriert werden, da die zuständige Behörde dann meist anhand des belastenden Akteninhalts entscheidet.
Sollten Sie uns bzgl. eines Bußgeldverfahrens beauftragen, beantragen wir zunächst Akteneinsicht um die Vorwürfe gegen Sie prüfen zu können. Nach Übersendung der Akte bewerten wir die weiteren Erfolgsaussichten. Die amtliche Ermittlungsakte können wir sodann auch Ihnen zur Verfügung stellen. Im Rahmen eines Geschwindigkeitsverstoßes prüfen wir beispielsweise, ob die Bedienungsanleitung der Messstation eingehalten wurde, die eingesetzten Beamten über die vorgeschriebene Ausbildung verfügen und das eingesetzte Messgerät amtlich geeicht worden ist.
Insgesamt prüfen wir also, ob sich der Tatvorwurf beweisen lässt bzw. was wir vortragen können, um die Beweise zu erschüttern. Wir sind bestrebt, dass Verfahren so schnell wie möglich zur Einstellung zu bringen oder einen Freispruch zu erzielen.
Was tun, wenn man einen Anhörungsbogen erhalten hat?
Mit Erhalt des Anhörungsbogens soll jedem Betroffenen das sog. „rechtliche Gehör“ gewährt werden. Man kann, muss sich aber nicht zur Sache äußern. Ein Betroffener muss sich insbesondere nicht selbst belasten. Zudem muss einer Ladung durch die Polizei nicht Folge geleistet werden. Betroffene sind lediglich dazu verpflichtet, Angaben zur Person (Name, aktuelle Anschrift, Geburtsdatum und Geburtsort) zu machen, soweit diese von der zuständigen Behörde nicht oder nicht richtig erfasst wurden.
Lohnt sich ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid?
Ob sich die Einlegung eines Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid lohnt, ist stets vom Einzelfall abhängig. Um die Erfolgsaussichten eines Einspruchs zu prüfen, ist die Beauftragung eines Rechtsanwalts empfehlenswert. Die Erfolgreiche Abwendung eines Bußgeldbescheids ist häufig nur dann möglich, wenn Beweise dafür erbracht werden können, dass in der Beweisführung Fehler aufgetreten sind. Ein Laie, der die Abläufe innerhalb der Behörden und die Funktionsweise und Fehleranfälligkeit von Messgeräten nicht kennt, hat kaum eine Chance, sich erfolgreich gegen einen Bußgeldbescheid zu wehren.
Muss ich mich in einem Bußgeldverfahren zur Tat äußern?
Angaben zu Ihrer Person müssen Sie stets machen. Sie sind also verpflichtet, Ihre persönlichen Daten anzugeben. Es steht Ihnen jedoch frei, sich zur Tat selbst zu äußern. Sie müssen dementsprechend nicht sagen, ob Sie das Auto zum Tatzeitpunkt selbst gefahren haben oder jemand anderes bzw. wer das Auto gefahren hat. Falschaussagen dürfen Sie jedoch auf keinen Fall machen. Sollten Sie beispielsweise eine andere Person als Fahrer angeben und ist diese tatsächlich nicht gefahren, machen Sie sich gemäß § 164 Abs. 2 StGB strafbar. Hierfür drohen Ihnen bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe.
In manchen Situationen ist es jedoch ratsam, sich zu äußern. Dies kann dann der Fall sein, wenn Ihnen das betreffende Auto entwendet wurde oder wenn das Fahrzeug durch einen Mitarbeiter einer Firma gefahren wurde. Damit können Sie sich selbst entlasten. Auch hier ist jedoch stets die Prüfung des Einzelfalls angezeigt.
In welchen Fällen wird ein Bußgeldverfahren eingestellt?
Durch das sogenannte Opportunitätsprinzip steht es im Ermessen der Behörden, das Bußgeldverfahren einzustellen, wenn die Beamten beispielsweise davon ausgehen, dass die Verfolgung des Verstoßes nicht im öffentlichen Interesse liegt.
Das Bußgeldverfahren kann dann eingestellt werden, wenn keine Tatnachweise erbracht werden können. Dies ist dann gegeben, wenn belastende Zeugenaussagen nicht verwertet werden können, der Betroffene durch Zeugenaussagen entlastet werden kann, fehlerhafte Messergebnisse vorliegen, den Beamten bei der Beurteilung einer Ordnungswidrigkeit offensichtlich Fehler unterlaufen sind oder innerhalb der Verjährungsfrist kein Fahrer ermittelt werden kann.
Da Rechtsanwälte die Möglichkeit der umfassenden Akteneinsicht haben, erhöht sich das Auffinden eines Fehlers im Bußgeldverfahren und damit der Einstellung, durch die Einschaltung eines Rechtsanwalts enorm.
Kann eine Ordnungswidrigkeit verjähren?
Ja. Nach Begehung einer Verkehrsordnungswidrigkeit haben Behörden drei Monate Zeit, um dem Betroffenen einen Anhörungsbogen oder einen Bußgeldbescheid zuzusenden. Erfolgt dies nicht, ist die begangene Ordnungswidrigkeit verjährt und der Betroffene kann nicht mehr belangt werden. Mit Erhalt des Anhörungsbogens wird die Verjährungsfrist hingegen unterbrochen. Die Unterbrechung der Verjährung wirkt jedoch nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Unterbrechungshandlung auch bezieht. Bekommt also der Halter eines Fahrzeugs einen Anhörungsbogen, ist dieser aber selbst gar nicht gefahren, so entfaltet dies keine verjährungsunterbrechende Wirkung gegenüber dem tatsächlichen Fahrer.
Kann im Bußgeldverfahren von der Verhängung eines Fahrverbotes abgesehen werden?
Ja, dies ist grundsätzlich möglich. Hierzu wird meist die Geldbuße (um das Doppelte) erhöht. Es wird dann davon ausgegangen, dass dadurch ausreichend auf den Betroffenen eingewirkt werden kann. Voraussetzung für so ein Vorgehen ist eine erhebliche Härte für den Betroffenen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn berufliche Nachteile oder gar ein Arbeitsplatzverlust drohen, der Betroffene an einer Körperbehinderung oder Krankheit leidet oder er pflegebedürftige oder kranke Angehörige befördern muss.
Was kostet ein Bußgeldverfahren und wer übernimmt hierfür die anfallenden Kosten?
Die Kosten eines Bußgeldverfahrens variieren ja nach Höhe des festgesetzten Bußgeldes und dem Verlauf des Verfahrens, sodass dies pauschal nicht beantwortet werden kann.
Grundsätzlich gilt jedoch Folgendes:
– Verwarngeld bis 55 € bis 55 €
– Verwarngeld ab 55 € ab 55 € zzgl. 28,50 € Gebühren
– Erstellung und Versand des Bußgeldbescheids 28,50 € Auslagen zzgl. 3,50 € Porto
– Einlegung eines Einspruchs 20 € Verwaltungsgebühren
– Durchführung der Hauptverhandlung ca. 10 % des Bußgeldes
– Erstellung eines Gutachtens mehrere hundert Euro möglich
– Urteilsverkündung und -versendung ca. 7 € Porto
Die Gebühren, welche für die Beauftragung eines Rechtsanwalts anfallen, richten sich nach dem RVG. Die Berechnung ist stets abhängig von der Höhe des Bußgeldes. Hier eine kurze Übersicht:
Gebührentatbestand, § 2 Abs. 2 RVG | Vergütungsverzeichnis, Anlage 1 RVG | Gebührenrahmen |
Grundgebühr | 5100 VV RVG | 33 € – 187 € |
Verfahrensgebühr (Behörde, Geldbuße bis 60 €) oder Verfahrensgebühr (Behörde, Geldbuße von 60 € – 5.000 €) oder Verfahrensgebühr (Behörde, Geldbuße ab 5.000 €) | 5101 VV RVG
5103 VV RVG
5105 VV RVG | 22 € – 121 €
33 € – 319 €
44 € – 330 € |
Auslagenpauschale I | 7002 VV RVG | 20 € |
Verfahrensgebühr (Gericht, Geldbuße bis 60 €) oder Verfahrensgebühr (Gericht, Geldbuße von 60 € – 5.000 €) oder Verfahrensgebühr (Gericht, Geldbuße ab 5.000 €) | 5107 VV RVG
5109 VV RVG
5111 VV RVG | 22 € – 121 €
33 € – 319 €
55 € – 385 € |
Terminsgebühr (Gericht, Geldbuße bis 60 €) oder Terminsgebühr (Gericht, Geldbuße von 60 € – 5.000 €) oder Terminsgebühr (Gericht, Geldbuße ab 5.000 €) | 5108 VV RVG
5110 VV RVG
5112 VV RVG | 22 € – 264 €
44 € – 517 €
88 € – 616 € |
Auslagenpauschale II | 7002 VV RVG | 20 € |
Akteneinsicht | 12 € | |
Dokumentenpauschale | 7002 VV RVG | 10 € |
Summe | 163 € – 1.580 € |
Wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, kann erst am Ende der Verhandlung festgelegt werden, da es für die Kostentragungspflicht auf den Ausgang des Verfahrens ankommt. Im Falle einer Einstellung übernimmt die Staatskasse die Verfahrenskosten. Der Betroffene hat jedoch seine eigenen Auslagen zu bezahlen. Wird der Betroffene freigesprochen, werden alle anfallenden Kosten, also auch die eigenen Auslagen, wie Anwaltskosten, von der Staatskasse übernommen. Kommt es zu einer Verurteilung, hat der Betroffene alle Verfahrenskosten zu tragen. Verfügt der Betroffene allerdings über eine gültige Rechtsschutzversicherung, übernimmt diese im Regelfall einen Großteil der Kosten.